Veröffentlicht am 1. Dezember 2020
Durch das Ausscheiden des Vereinigten Königreichs am 01.02.2020 aus der Europäischen Union verändern sich nunmehr, nach Ablauf des Übergangszeitraums am 31.12.2020, auch die Rechtswirkungen Ihrer Marken- und Design-Rechte in Hinblick auf Großbritannien.
Zunächst ist zwischen zwei verschiedenen Szenarien zu unterscheiden:
1. Folgen des Brexits auf Unionsmarken und -designs (EU/EM)
1.1 Schutzrechte, die vor dem 01.01.2021 eingetragen wurden
1.1.1 Unionsmarken
Inhaber einer vor Ablauf des Übergangszeitraums eingetragenen Unionsmarke werden nach Ablauf des Übergangszeitraums ohne erneute Prüfung und ohne zusätzliche Antragsstellung Inhaber einer vergleichbaren eingetragenen Marke im Vereinigten Königreich nach britischem Recht. Dieser britischen Marke kommt das Datum der Anmeldung oder das Prioritätsdatum der Unionsmarke zugute. Für diese Umwandlung fallen keine zusätzlichen Kosten an. Die Verlängerung der umgewandelten Marke muss in weiterer Folge beim britischen Amt beantragt werden. Zusätzliche Kosten entstehen somit längerfristig erst mit der Verlängerung.
1.1.2 Unions-Designs
Unions-Designs werden ebenfalls automatisch im Vereinigten Königreich in nationale britische Design-Rechte umgewandelt und so behandelt, als wären sie nach britischen Recht beantragt worden. Sie behalten die Registrierungs- und Antragsdaten des ursprünglichen Unions-Designs bei und erben alle Prioritätsdaten. Auch werden keine Kosten für die Umwandlung anfallen. Die Verlängerung der umgewandelten Designs muss in weiterer Folge beim britischen Amt beantragt werden. Zusätzliche Kosten entstehen somit längerfristig erst mit der Verlängerung.
1.2 Schutzrechte, die vor dem 01.01.2021 angemeldet, aber nicht eingetragen wurden
1.2.1 Unionsmarken
Wurde vor dem Ablauf des Übergangszeitraums ein Antrag auf Eintragung einer Unionsmarke eingebracht, dem ein Anmeldetag zuerkannt wurde, besteht die Möglichkeit, für dieselbe Marke einen Antrag auf Eintragung einer nationalen britische Marke einzubringen. Die Frist für einen solchen Antrag endet am 30.09.2021. Ein derartiger Antrag gilt als an demselben Anmelde- und Prioritätstag gestellt, an dem der Antrag in der EU eingereicht wurde. Da es zu keiner Umwandlung wie unter 1.1.1 kommt, fallen hier alle Kosten an, die mit einer gewöhnlichen nationalen Markenanmeldung in Großbritannien verbunden sind.
1.2.2 Unions-Designs
Für Unions-Designs, deren Antrag am 01.01.2021 noch anhängig ist, kann ebenfalls bis zum 30.09.2021 ein Antrag auf Registrierung eines britischen Designs gestellt werden, bei welchem der Anmeldetag des Unions-Designs beibehalten wird. Die britische Anmeldung muss sich auf dasselbe Design beziehen, wie das in der anhängigen Unions-Anmeldung. Diese Anträge werden als in Großbritannien eingetragene Geschmacksmusteranträge behandelt und nach britischem Recht geprüft. Es fallen Kosten an, die mit einer nationalen Designanmeldung in Großbritannien verbunden sind.
2. Folgen des Brexits auf internationale Marken und Designs mit Benennung der EU
Sollte eine Benennung der Europäischen Union bei einer internationalen Registrierung bestehen, ist zwischen den folgenden Szenarien zu unterscheiden:
2.1 Schutzrechte, die vor dem 01.01.2021 eingetragen wurden
2.1.1 Internationale Marken
Für diesen Fall gilt das unter 1.1.1 Gesagte sinngemäß. Diese dann neu geschaffene britische Marke besteht unabhängig von der internationalen Registrierung und unterliegt britischem Recht. Zusätzliche Kosten entstehen grundsätzlich erst bei der Verlängerung der Marke. Um die Vorteile einer zentralisierten Verwaltung der Marke über die WIPO wiederherzustellen, besteht die Möglichkeit, die neu geschaffene nationale britische Marke durch eine Benennung des Vereinigten Königreichs zu ersetzen. Durch dieses Vorgehen kann die Verlängerung der Marke wieder zentral über das internationale Amt erfolgen. Diese Benennung löst jedoch Kosten aus und wird vom britischen Amt geprüft und veröffentlicht, wodurch die Möglichkeit von Beanstandungen bzw. Widersprüchen besteht.
2.1.2 Internationale Designs
Für alle geschützten internationalen Designs mit Benennung der EU werden vergleichbare britische Rechte erstellt. Diese britischen Rechte sind identisch mit den neu registrierten Designs, die aus registrierten Unions-Designs erstellt werden und können getrennt vom ursprünglichen internationalen Design angefochten, zugewiesen, lizenziert oder erneuert werden. Die Umwandlung erfolgt ebenfalls kostenlos, zusätzliche Kosten entstehen erst mit der Verlängerung.
2.2 Schutzrechte, die vor dem 01.01.2021 angemeldet, aber noch nicht eingetragen wurden
2.2.1 Internationale Marken
Wurde die Marke zum Stichtag weder beanstandet noch registriert und läuft das Registrierungsverfahren beim EUIPO noch, besteht für Markeninhaber bis zum 30.09.2021 die Möglichkeit, beim britischen Amt einen Antrag auf Eintragung einer nationalen Marke zu stellen. Diese dann nationale Marke wird mit dem Tag der Benennung der EU-Marke beim britischen Amt eingetragen. Da es zu keiner Umwandlung kommt, fallen hier alle Kosten an, die mit einer gewöhnlichen nationalen Markenanmeldung in Großbritannien verbunden sind.
2.2.2 Internationale Designs
Für internationale Design-Anmeldungen mit Benennung der EU, welche vor dem 01.01.2021 angemeldet, aber weder beanstandet noch registriert wurden und für welche das Registrierungsverfahren vor der WIPO noch läuft, kann bis zum 30.09.2021 die Registrierung eines nationalen britischen Designs beantragt werden und behalten diese den Anmeldetag des anhängigen internationalen Designs. Für diese Designs kann auch das frühere Registrierungsdatum beantragt werden, welches der entsprechenden internationalen Registrierung durch die WIPO zugewiesen wurde. Auch hier fallen Kosten an, die mit einer gewöhnlichen nationalen Design-Anmeldung in Großbritannien verbunden sind.
2.3 Internationale Marken, die vor dem 01.01.2021 in der EU angemeldet wurden, jedoch von einer Zurückweisung betroffen sind
Sollte die Marke von einem Zurückweisungsbescheid betroffen sein, kann trotzdem ein Antrag auf Registrierung einer nationalen britischen Marke bzw. eine nachträgliche Benennung des Vereinigten Königreichs beim internationalen Amt vorgenommen werden. Die Marke wird jedoch dann mit dem tatsächlichen Tag der Anmeldung bzw. der nachträglichen Benennung eingetragen und es fallen die normalen Anmelde- und Registrierungsgebühren an.
3. Opting-out
Für den Fall, dass Sie Schutzrechte in Großbritannien nicht aufrechterhalten wollen, besteht die Möglichkeit eines Opting-outs. Da bereits registrierte Marken/Designs jedoch automatisch in vergleichbare nationale Marken/Designs umgewandelt werden, muss ein solches beim UKIPO beantragt werden und können hier etwaige, für uns nicht vorhersehbare Kosten entstehen.
4. Britische Vertretung
Da in Zukunft die Verlängerung Ihrer automatisch in nationales britisches Recht umgewandelten Schutzrechte beim UKIPO beantragt werden muss, wird dringend empfohlen, hierfür eine Vertretung durch eine britische Kanzlei zu veranlassen.
Wir werden daher ohne gegenteilige Weisung bis 09.12.2020 die mit uns kooperierende britische Auslandskanzlei mit der Vertretungsübernahme aller Ihrer in nationales britisches Recht umgewandelten Schutzrechte beauftragen. Für diese Vertretungsübernahme fallen keine zusätzlichen Kosten an.
5. Zusammenfassung
Für bereits vor dem 01.01.2021 vor dem EUIPO registrierten Marken/Designs sind zunächst keine Handlungen zur Aufrechterhaltung in Großbritannien notwendig, wir werden aus Sicherheitsgründen eine britische Auslandskanzlei mit der Vertretungsübernahme beauftragen. Wenn die Verlängerung der Schutzrechte ansteht, werden alle Kunden rechtzeitig daran erinnert. Bezüglich der Marken/Designs, bei denen am 01.01.2021 das Registrierungsverfahren vor dem EUIPO noch anhängig ist, werden wir mit einem weiteren Schreiben gesondert auf Sie zukommen, um die für Sie beste Möglichkeit zu eruieren.
6. Vorbehalt
Diese Informationen gelten unter dem Vorbehalt, dass es zu einem geregelten Ausscheiden des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union gemäß dem abgeschlossenen Withdrawal Agreement vom 17.10.2019 kommt und entsprechen dem Stand vom 17.11.2020. Änderungen bis zum Ablauf der Übergangsfrist am 01.01.2021 können daher nicht vollkommen ausgeschlossen werden.
Bitte beachten Sie, dass Unionsmarkenanmeldungen, die ab September 2020 eingereicht wurden, aller Voraussicht nach nicht mehr bis zum 31.12.2020 registriert werden. Sollte das Vereinigte Königreich für Sie von großer Wichtigkeit sein, muss dies bei einer etwaigen Folgeanmeldung mitberücksichtigt werden.
Sollten Sie noch Fragen haben, wenden Sie sich gerne an uns.